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Massenhafte Schadensersatz-Forderungen wegen des Einsatzes von Google Fonts

Michael Plankemann

Michael Plankemann

Rechtsanwalt

Aktuell erhalten offenbar mehrere Unternehmen (darunter auch einige Mandanten der activeMind) Schreiben einer Dame aus Bayern, in denen sie zuerst freundlich darauf hingewiesen werden, dass der Einsatz von Google Fonts rechtswidrig ist, wenn er nicht lokal erfolgt. Am Ende des Briefs fordert die Absenderin 100 Euro Schadensersatz unter Berufung auf das einschlägige Urteil des Landgerichts (LG) München. Ist in dieser Situation ein Schadensersatzanspruch überhaupt gegeben?

Update, Dezember 2022: Wegen des Verdachts des versuchten Abmahnbetruges und der (versuchten) Erpressung in mindestens 2.418 Fällen hat die Polizei im Auftrag der Generalstaatsanwaltschaft Berlin Gebäude in Berlin, Hannover, Ratzeburg und Baden-Baden durchsucht sowie zwei Personen inhaftiert. Damit dürfte zumindest einer der Google-Fonts-Massenabmahner aus dem Spiel sein.

Zudem verneinte das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg in seinem Urteil vom 22. Dezember 2022 den von dem oben genannten Abmahner geltend gemachten Schaden.

Hintergrund der Schadensersatzforderungen

Laut den uns vorliegenden Schreiben fanden die entsprechenden Besuche auf betroffenen Websites sämtlich am 15. Juli 2022 statt. Am Tag darauf wurden die Briefe in Serie erstellt. Abgesehen von Adressaten und dem zum Beweis mitgelieferten Screenshot sind die Schreiben identisch.

Bemängelt wird die Weitergabe der IP-Adresse des Nutzers an Google, ohne zuvor eine Einwilligung einzuholen (siehe dazu ausführlich unsere Urteilsbesprechung sowie der Ratgeber zur DSGVO-konformen Einbindung von Webfonts bei der activeMind AG).

Aus rechtlicher Sicht ist dazu anzumerken: Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch liegen grundsätzlich vor, wenn man die Entscheidung des Landgerichts zugrunde legt. Die massenhafte Geltendmachung ändert diese Beurteilung jedoch etwas und man könnte durchaus an einen Rechtsmissbrauch denken. Dieser würde dem Anspruch entgegenstehen.

Rechtsmissbräuchliche Schadensersatzforderungen?

Wir beobachten immer häufiger, dass Betroffene versuchen, durch Ausübung von DSGVO-Betroffenenrechten und damit verbundenen Schadensersatzansprüchen Geld zu verdienen. So ein Fall scheint auch hier vorzuliegen.

Ein Recht geltend zu machen als missbräuchlich anzusehen, kommt nur ausnahmsweise in Betracht. Hier liegen allerdings mehrere Hinweise darauf vor, dass eine solche Ausnahmesituation besteht:

  • Die Besuche auf betroffenen Websites erfolgten alle innerhalb kürzester Zeit. Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass diese Besuche allein erfolgten, um den vermeintlichen Rechtsverstoß auszulösen und ihn dokumentieren zu können. Ein regulärer Besuch auf der Website scheint gar nicht geplant gewesen zu sein – dafür ist die Bandbreite der betroffenen Unternehmen zu groß; auch sind etliche Anbieter betroffen, die sich gar nicht an Verbraucher richten. Da sich entsprechende Seiten sehr leicht per Suchmaschine finden lassen, ist der Aufwand gering und auch Laien finden die Webpräsenzen schnell; immerhin enthalten die Datenschutzhinweise ja alle Schlagworte. Kurz in die Suchmaschine eingeben und dann der Reihe nach anklicken, Bildschirmfoto, fertig.
  • Die Forderungen wiederum werden sehr zeitnah und völlig gleichförmig geltend gemacht.

Vergleichbar den vielleicht bekannten Fällen von eBay Abbruchjägern, für die es bereits entsprechende Urteile gibt, scheint es der Dame allein darum zu gehen, schnell ein paar 100 Euro zu verdienen.

Was können betroffene Unternehmen tun?

Als betroffenes Unternehmen hat man nun die Wahl. Einfach zu bezahlen ist im Zweifel billiger als sich inhaltlich mit der Sache zu beschäftigen und es vielleicht auch noch auf einen Rechtsstreit ankommen zu lassen. Ob die Versenderin tatsächlich vor hat zu klagen, insbesondere gleich gegen so viele Unternehmen, kann man allerdings bezweifeln.

Alternativ könnte man sich aber auch mit dem Argument des Rechtsmissbrauches gegen die Forderung verwehren und abwarten. Dies würde letztendlich dem gesamten Markt dienen und den Ruf des Datenschutzes vor Schädigung bewahren.

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