Das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO ist ein beliebtes Mittel, Verantwortliche unter Druck zu setzen. Wenn die Anfrage nicht oder ungenügend beantwortet wird, droht eine Prüfung der Aufsichtsbehörde. Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hat nun klargestellt, dass eine Auskunftsanfrage abgewiesen werden kann, wenn es Betroffenen offensichtlich nicht um den Schutz ihrer personenbezogenen Daten geht (Urteil vom 14. März 2022, Az.: 8 U 2907/21).
Der Sachverhalt
Ein Privatversicherter hatte seine Krankenversicherung verklagt, weil er die Prämienerhöhungen für unzulässig hielt. In seiner Klage stützte er sich unter anderem auf seinen Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DSGVO. Hiermit wollte er zusätzliche Beweise aufdecken, die Formfehler der Krankenversicherung bei der Prämienerhöhung belegen sollten.
Die beklagte Krankenversicherung sah darin eine rechtsmissbräuchliche Ausübung des Auskunftsanspruchs, da es dem Betroffenen nicht darum gegangen sei, Kontrolle über seine personenbezogenen Daten auszuüben. Die Krankenversicherung lehnte deshalb die Auskunft ab, woraufhin der Versicherte versuchte, dieses vor dem Landgericht (LG) Ansbach durchzusetzen. Damit war er nicht erfolgreich (Urteil vom 13. Juli 2021, Az. 3 O 1429/20 Ver). Im Berufungsverfahren hatte nun das OLG Nürnberg zu entscheiden.
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Das Urteil
Das OLG Nürnberg wies den Antrag des Privatversicherten ab und gab der Krankenversicherung Recht. Sie habe ein Weigerungsrecht gemäß Art. 12 Abs. 5 S. 2 lit. b) DSGVO. Dort steht:
„Bei offenkundig unbegründeten oder — insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung — exzessiven Anträgen einer betroffenen Person kann der Verantwortliche […] sich weigern, aufgrund des Antrags tätig zu werden.“
Das Wort „insbesondere“, so das Gericht, weise darauf hin, dass es auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge gebe. Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs sei es, gemäß dem Erwägungsgrund 63 DSGVO , sich der betreffenden Verarbeitung personenbezogener Daten bewusst zu werden und zu prüfen, ob sie rechtmäßig ist. Hier sei es dem Privatversicherten aber um die Überprüfung der Prämienerhöhungen durch die Krankenversicherung gegangen, weshalb der Antrag zusammen mit weiteren Klageanträgen gestellt worden sei. Das Gericht sieht in der sachfremden Motivlage ebenfalls einen exzessiven rechtsmissbräuchlichen Antrag.
Datenschutzrechtliche Einschätzung
Das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO ist grundsätzlich sehr weitgreifend. Dieser Fall zeigt eine seltene Ausnahme, in der Verantwortlichen ein Weigerungsrecht zusteht. Gerade weil der Betroffene so offensichtlich die Motivlage seines Antrags offenbarte, konnte das Gericht ihm die Motivation zur Überprüfung der Verarbeitung seiner Daten absprechen. In der Regel hat der Verantwortliche diese Möglichkeit nicht.
Stattdessen ist eine gute Vorbereitung und ein richtiger Umgang mit Auskunftsanfragen essentiell. Hierfür sollte ein Prozess bestehen, der es erlaubt, schnell Auskunft in erlaubtem Umfang zu geben.
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Fazit
Wenn es Betroffenen beim Auskunftsanspruch offensichtlich nicht um die Überprüfung der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten geht, steht Verantwortlichen unter Umständen ein Weigerungsrecht gemäß Art. 12 Abs. 5 S.2 lit. b) DSGVO zu. Dahinter steht der Gedanke, dass die DSGVO die Rechte von Betroffenen schützt. Datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche dürfen nicht dazu verwendet werden, datenschutzfremde Motive, wie das Aufdecken von Beweisen zu bedienen, sondern sie sind zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung vorgesehen.
In einem sehr ähnlich gelagerten Fall hatte 2021 das LG Wuppertal schon ein im Wesentlichen gleiches Urteil gefällt. Diese einheitliche Linie der Gerichte schafft sehr begrüßenswerte Rechtssicherheit, die leider noch nicht in allen DSGVO-Themen herrscht.
Verantwortliche sollten jedoch nicht den Fehler machen, das Verweigerungsrecht bei Auskunftsanfragen zu weit auszulegen. Denn ein Auskunftsanspruch besteht unbedingt und bedarf grundsätzlich keiner Begründung.